27.05.2013 (Montag)
Direkt vor der Grenze tausche ich noch kasachische Tenge in Rubel und bekomme eine Flasche Bier geschenkt .
Die ganze Prozedur an der Grenze dauert diesmal 1,5 Stunden.
Anfangs ist die Straße schlecht, anschließend kann ich mal wieder richtig schön radfahren. Schönes Frühlingswetter, und der Rückenwind stört allenfalls während der Pause.
Die meisten Fotos von gestern sind etwas unscharf geworden. Der Autofokus scheint auf den Wald scharfzustellen und regelt anscheinend nicht schnell genug nach, wenn ich an der Kamera vorbeifahre.
Also noch eine Fotosession . Der kleine Fotoapparat filmt dabei, wie ich fast im Kreis immer an der Kamera auf dem Stativ vorbei radel, die ein Foto pro Sekunde macht.
Als Hintergrund habe ich mich für ein Birkenwäldchen entschieden. Auf dem gesamten Weg stehen immer wieder kleine Wäldchen, oder Baumgruppen. Der Rest sind Wiesen und Felder.
Ich fahre bis Omsk, auch wenn ich erst in der Nacht ankomme. Am Stadtrand suche ich wieder lange nach dem Stadtzentrum. An einer Tankstelle habe ich zwar einen kostenlosen Übersichtsplan bekommen, aber die größeren Straßen, die ausgeschildert sind, stehen nicht auf dem Plan und umgekehrt. Ich erinnere mich schon an Schimkent, wo ich das Stadtzentrum eine Nacht vergeblich gesucht hatte.
Der Stadtrand macht keinen guten Eindruck. Die Straßen sind sehr schlecht, und die Gebäude scheinen in keinem guten Zustand zu sein.
Letztlich finde ich eine Brücke, die über den Fluss Irtysch geht. Dahinter ist die Innenstadt. Die Nächte sind jetzt ja schon sehr kurz. Als ich das Zelt aufbaue wird es bereits hell.
28.05.2013 (Dienstag)
Mittags, beim Zeltabbau, unterhalte ich mich mit einem Mann der hier arbeitet und draußen gerade Zigarettenpause macht. Er empfiehlt mir ein Café, in dem ich hoffentlich ins Internet komme, und eine Unterkunft. Kurz danach kommt er nochmal mit einem Ausdruck von einem Stadtplan, in dem er alles eingezeichnet hat.
Vom Café aus könnte ich mein Fahrrad nicht sehen, und die Unterkunft ist mir mit 40 Euro zu teuer. Außerdem übernehmen sie die Registrierung nicht. Aber für die erste Orientierung ist der Ansatz hilfreich.
In einem größeren Sportgeschäft will ich gleich mal mein Glück wegen dem Anhängerverkauf versuchen. Sie werden ihn nicht selbst kaufen, aber vielleicht haben sie einen Tipp. Ich brauche gar nicht reinzugehen. Draußen spricht mich Eduard an, der den Anhänger kaufen will. Er ist begeistert und ich fürchte, ich bin mit dem Preis gleich zu weit runtergegangen. Morgen hat er keine Zeit, aber übermorgen werden wir uns hier treffen, zwecks Übergabe.
Neben einem günstigen Hotel ist ein kleiner Park in dem ich noch eine Nacht zelten werde. Das Hotelzimmer reserviere ich für morgen. Es ist das letzte preiswerte Zimmer, das sie haben.
Als nächstes kümmere ich mich um die sim-Karte für Handy und Laptop. Mit dem Laptop bin ich fast zwei Stunden im Geschäft, bis es endlich mit dem Internetzugang klappt. Der Tag geht schnell rum, aber ich habe fast alles erledigt, was mir wichtig war und hatte noch Zeit mich umzuschauen. Läuft einfach super. Ich bekomme sogar spät abends noch Bier, obwohl der Verkauf seit Jahresanfang ab 22 Uhr nicht mehr erlaubt ist.
In einem kleinen Imbiss an dem Park, in dem ich zelten werde, lerne ich den Inhaber Garik kennen. Er ist Usbeke, aus Taschkent und freut sich sehr, dass ich auch in Taschkent war. Mit unserem Russisch kommen wir gut zurecht. Garik hat kein russisch gesprochen bevor er zum Arbeiten herkam. Er empfiehlt mir im Park hinter dem Imbiss zu zelten. Das ist die Stelle, die ich mir auch schon ausgeguckt hatte.
Das Ufer des Irtiysch ist hier nicht so einladend. Soweit erkennbar gibt es auch am gegenüberliegenden Ufer keine Möglichkeit ans Wasser zu kommen, da das Ufer sehr zugewachsen ist. Auf dem Foto ist nicht das andere Ufer zu sehen, sondern eine Insel im Fluss. Der Irtysch ist hier ziemlich breit.
Im Park ist, wie so oft, alte Wehrtechnik ausgestellt:
Theater an der Karl-Marx-Straße:
Ich hoffe mal, ich täusche mich nicht, wenn ich behaupte, dass das Apfelblüten sind . Jedenfalls scheint es langsam Frühling zu werden.
Mariä-Entschlafens-Kathedrale:
29.05.2013 (Mittwoch)
Mittags ziehe ins Hotel. Noch einmal sortiere ich Sachen aus, die ich nicht mehr benötige. Anschließend fahre ich mit dem Bus zum Hauptpostamt. Ich weiß vom rumradeln gestern, dass es etwa 5 bis 6 Kilometer bis dahin sind. Meinen Kocher und die Campingtöpfen schicke ich nach Hause. Danach schaue ich mir die Gegend an und gehe am Fluss entlang zu Fuß zurück.
In der Mariä-Entschlafens-Kathedrale:
Neben dem Eingang führt eine Treppe herab. In dem Raum unten singen zwei Frauen und ein Mann Kirchenlieder. Viele Gläubige kommen rein, verweilen einige Minuten und gehen dann wieder. Ich fotografiere dort nicht, um niemanden zu stören, auch wenn ich eigentlich sogar gerne etwas gefilmt hätte, um den recht schönen Gesang mit aufzuzeichnen.
Omsk wurde 1716 gegründet. Im Hintergrund links ist eines der drei wiederaufgebauten, alten Stadttore zu sehen (Da wo die beiden Fußgänger ihre Köpfe habe ):
Typische Wohnhäuser. Oft sind im Erdgeschoss Geschäfte, wie hier der Supermarkt im Gebäude rechts:
Der Strand am Fluss ist gesperrt, ich habe durch ein Gitter fotografiert. Es scheint mir aber auch schönere Strände zu geben, als diesen hier:
Auf der Uferpromenade sind neben Fußgängern auch viele Freizeitradler mit Mountainbikes unterwegs:
Am Passagier-Flusshafen:
Nicht nur alte Denkmäler, Gedenkstätten und Wehrtechnik erinnern an den Zweiten Weltkrieg. Auch auf Plakaten wird daran erinnert.
Einen schönen Bierarten oder ähnliches, wo ich abends noch draußen sitzen könnte, finde ich in der Umgebung des Hotels nicht.
30.05.2013 (Donnerstag)
Das Frühstücksbuffet im Hotel ist super. Ausgiebig frühstücken und ich brauche bis abends nichts mehr .
Danach packe ich nochmal mein gesamtes Gepäck aus. Es finden sich ja immer noch Sachen, die nicht unbedingt benötigt werden.
Am Nachmittag schlender ich durch die Stadt. Als ich Eduard anrufe, um zu fragen, wann wir uns wegen dem Anhänger treffen, sagt er mir, er habe heute keine Zeit, will ihn aber auf jeden Fall morgen Abend kaufen. Das ist nun etwas ärgerlich, da ich eigentlich morgen abreisen wollte. Zum Glück kann ich wenigstens das Zimmer noch um einen Tag verlängern. Danach suche ich Fahrradgeschäfte aus dem Internet heraus. Da er den Termin hat verstreichen lassen und ich es erst auf Nachfrage erfahre, will ich nun mal versuchen, ob ich nicht ein besseres Angebot bekomme.
Vor Sonnenuntergang gehe ich zum Bahnhof. Einen Bahnhof an der Linie der Transsibirischen Eisenbahn möchte ich mir mindestens mal anschauen. Im Gebäude darf man leider nicht fotografieren. Der Bahnhof ist ganz schön.
Ein Foto von einem Gebäude zu machen kann schon mal etwas länger dauern. Kaum habe ich einen guten Standort gefunden, läuft jemand mit einem leuchtend orangen T-Shirt vor die Kamera und schlendert von dort aus, langsam Richtung Haupteingang. Kaum hat er genug Abstand, dass der Farbkontrast nicht mehr so stört, stellt sich ein Bus ins Blickfeld.
In Russland richtet sich bei der Bahn alles nach Moskauer Zeit. Auch die Uhr am Bahnhof zeigt die Moskauer Zeit an.
Auf dem Rückweg vom Bahnhof:
31.05.2013 (Freitag)
Den Tag verbringe im Wesentlichen damit, die Fahrradgeschäfte aufzusuchen, die ich gestern im Internet gefunden habe. Vielleicht habe ich den Preis, ermutigt durch das gute Angebot doch zu hoch angesetzt. Es findet sich zunächst kein Interessent. Allerdings erfahre ich, dass es wahrscheinlich in Novosibirsk einfacher wird den Anhänger zu verkaufen.
Andrej aus einem Radgeschäft würde gerne abends mit mir durch die Stadt radeln. Da er selbst keine Zeit hat vereinbart er für mich ein Treffen mit seinen Freunden.
Unterwegs in Omsk:
Kurz vor dem Treffen mit Eduard, teilt dieser mir per sms mit, dass er den Anhänger nach wie vor kaufen möchte, aber nur für die Hälfte des ausgemachten Preises, was etwa 15 % des Neupreises entspräche. Dann fahre ich wohl besser nach Novosibirsk damit, unabhängig davon, ob ich dort einen besseren Preis bekomme. Mich erst einen Tag warten lassen und dann nicht bezahlen zu wollen, da bekommt er den Anhänger nicht. Außerdem hätte ich mich mit Andrejs Freunden früher treffen können, wenn ich nicht auf Eduard gewartet hätte.
Der Abend wird dann sehr schön. Um 20:30 Uhr holen mich Wladimir, Anton und Katja am Hotel ab. Nach kurzer Zeit schließen sich uns noch zwei weitere Radfahrer an.
Versehentlich den Auslöser der Kamera berührt:
Wir schauen uns noch ein paar erhaltene bzw. rekonstruierte historische Gebäude an.
Eines der drei alten Stadttore:
Und dann hat Omsk noch etwas zu bieten, was ich so noch in keiner Stadt gesehen habe: Eine Metro-Station, also eine U-Bahn-Haltestelle.
Nicht, dass es so etwas nicht auch in anderen Städten gäbe. Metro gefahren bin ich schon in Kiew, in Jekaterinburg, in Charkow, in Guangzhou (Kanton), in Köln, … Aber Omsk hat eben genau eine Metrostation. Dass man von dieser Station aus nirgendwo hinfahren kann, liegt weniger an dem Umstand, dass es keine zweite Station gibt, an der man wieder aussteigen könnte, sondern vor allem daran, dass es keine U-Bahn gibt.
Wladimir sagt, dass mit dem U-Bahnbau begonnen wurde, als er eingeschult wurde. Wladimir ist 36 Jahre alt. Klar sorge ich für allgemeine Erheiterung, als ich sage, ich hätte im Internet gelesen, die Metro würde frühestens 2016 in Betrieb gehen … . Daran glaubt zumindest in dieser Runde niemand.
Das Schauspielhaus:
Um 22 Uhr verabschiede ich mich von den Radlern, die mich noch zum Hotel begleitet haben.
Anschließend gehe ich nochmal zum im Imbiss von Garik, um mich auch bei ihm zu verabschieden.
Hoffentlich bekommt er das Problem mit seinem neuen Fernseher in den Griff. Die Fernbedienung funktioniert nicht, weil es zu warm in der Bude ist. Und am Gerät selbst kann man nichts einstellen. Aus seiner Sicht liegt es daran, dass es ein chinesisches Gerät ist. Ich hatte angeregt, die Fernbedienung in den Kühlschrank zu legen, aber Garik lachte und meinte, es läge am Fernseher, den er dann in den Kühlschrank stellen müsste .
Fotos von Helden und Veteranen im Park: