In Chelyabinsk übernachte ich wegen der auch in Russland vorgeschriebenen Registrierung im Hotel. Die Registrierung selbst wird, anders als in Kasachstan vom Hotel übernommen, so dass ich mir einen Tag die Innenstadt von Chelyabinsk anschauen kann.
Wie meistens in russischen Städten gibt es in der Innenstadt auch Platz für Kinder und ein Lenindenkmal.
Fotos:
Kinder spielen im Springbrunnen:
Links: Spielgeräte für Kinder ; Rechts: Lenindenkmal:
Anfang der Fußgängerzone:
Eine von vielen Skulpturen in der Fußgängerzone:
Vor etwas mehr als zwei Jahren ist bei Chelyabinsk um 9:20 Uhr morgens ein Meteorit eingeschlagen. In der Stadt selbst gab es ungefähr 1500 Verletzte durch die Druckwelle. Heute nehmen das Ereignis wohl viele Menschen mit Humor. Auf einem Wandteller, der Motive von dem Ereignis zeigt steht: «Ничего так не бодрит, как с утра метеорит». Das reimt sich im Russischen und bedeutet in etwa: „Nichts belebt so, wie ein Meteorit am Morgen“.
Der Meteorit ist mit 19 km/s in die Erdatmosphäre eingetreten. Würde ich so schnell radeln, hätte ich meine gesamte bisher zurückgelegte Strecke in etwas mehr als eine Viertelstunde geschafft.
Für die Fahrt aus der Stadt wähle ich einen Weg durch einen Park. Auch hier gibt es viel Platz für Kinder, einen See, eine Brücke über die man eine Plattform über dem See erreicht, ein Kartbahn und viele teils befestigte, teils unbefestigte Waldwege.
Bei schönem Wetter und mit Rückenwind fahre ich den größten Teil der 210 Kilometer bis Jekaterinburg.
Landschaftlich ist die Gegend sehr schön. Es gibt viele Seen und Wälder. Und leider auch viele Mücken.
Hinter einem LKW-Stellplatz werden Holzhäuser vermietet. Im Garten eines leerstehenden Häuschens kann ich zelten. Eigentlich ein sehr schöner Platz, an dem ich gut noch draußen sitzen könnte. Nur wegen der vielen Mücken flüchte ich ins Zelt und bleibe dort.
Nach dem Zeltaufbau und dem Einräumen des Gepäcks, kommt es im Zelt regelmäßig zu Mord- und Totschlag. Wenn das Zelt dann einmal zu ist, bleibt es zu.
Fliegengitter vom Zelt von Innen, Mücken außen:
In Jekaterinburg treffe ich Seva, Yuri und seine Freundin wieder. Die Drei habe ich bei meinem Aufenthalt hier 2012 kennengelernt.
Bei Yuri kann ich ein paar Tage wohnen.
Martin, Seva und Yuri bei der Arbeit auf der Datscha von Yuri und seinen Verwandten:
Seva spielt gut Gitarre, aber Yuri hat heute mehr Spaß an seiner Motorsäge:
Dabei ist Yuri auch nicht unmusikalisch und hat sich eine originelle E-Gitarre aus einem Spaten gebaut.
Seva spielt in der Band „The Karovas Milkshake“. “Karova” ist russisch und bedeutet “Kuh” auf Deutsch.
Einfach mal reinhören: http://www.karovas.com/
Da hat sich ganz schön Unkraut breitgemacht. Ausreißen und … weg damit:
Yuri hat in diesen Tagen Geburtstag und bekommt überraschend noch Besuch von zwei Freunden Christopher und Viktor, die er über Couchsurfing kennengelernt hat. Zufällig bin ich allein zu Hause als sie kommen. Zunächst unterhalten wir uns etwas mühsam auf Russisch, dann auf Englisch, bis wir feststellen, dass Christopher aus Österreich kommt und ich zumindest mit ihm ja auch Deutsch reden kann. Viktor kommt aus Finnland.
Zum Abschluss meines Aufenthaltes in Jekaterinburg zeige ich in einem Lichtbildvortrag Fotos und erzähle von meiner Reise. Auf Russisch ist es noch ein bisschen schwierig, zumal die Vorbereitungszeit knapp ist. Seva übersetzt und Yuri gibt den Interessierten anlässlich seines Geburtstags Kuchen aus.
Die 390-km-Fahrt nach Perm wird anstrengend. Es geht zunächst nach Westen, dann nach Nord-Westen. Der Wind hat meine Reisepläne ausspioniert und kommt immer, meist recht kräftig, von vorne. Hier im Ural geht es fast immer entweder bergauf oder bergab. Und durch den Wind komme ich selbst bergab manchmal nur mit 10 km/h voran.
Das Zelten wird ebenfalls schwierig. Schilder warnen vor Zecken. Sogar an einem LKW-Stellplatz kann ich nicht zelten, da alle Bereich auf denen die Fahrzeuge nicht rangieren zeckenverseucht sind.
Am ersten Tag dieses Abschnitts komme ich wieder über die imaginäre Grenze von Asien nach Europa. Das Monument, an dem ich vor knapp 3 Jahren fotografiert habe, sehe ich diesmal nur zwischen den Bäumen von hinten, da ich auf der alten Fernstraße radel. Hier soll es auch so ein Monument geben, welches ich aber nicht sehe.
Es gibt immer wieder Schauer, und ich ziehe es vor unter eine Brücke meine vorbereiteten Butterbrote zu essen. Dann muss ich bei Regen nicht schnell alles einpacken. Nach kurzer Zeit kommt aus einem Lautsprecher unter der Brücke irgendein Signalton. Tatsächlich hängen jede Menge Kameras unter der Brücke. Aus einem kleinen Häuschen, das von Stacheldraht umgeben ist, kommt ein Mann in Uniform und bittet mich höflich den Platz zu verlassen. Viele Brücken in Russland, die als strategisch wichtig betrachtet werden, sind bewacht.
Ab und zu gibt es Gelegenheiten parallel zur Fernstraße zu fahren. Bei Syksyn fahre ich auch durch den Ort an einem See vorbei. Das sind willkommene Abwechslungen zur sonst eher langweiligen Fahrt auf den Fernstraßen.
So ein See liegt natürlich an der tiefsten Stelle. Die Fahrt aus dem Ort heraus ist ziemlich anstrengend und steil.
Blick zurück:
An diesem Tag macht mir ohnehin wieder das Wetter zu schaffen. Es ist fast durchgehend bewölkt. Aber eben nur fast. Bergauf bin ich natürlich langsamer und dadurch länger unterwegs. Fast an jedem Anstieg kommt irgendwann mal die Sonne durch. Das geht dann gerade im T-Shirt, sonst ist es zu warm. Geht es dann kilometerweit bergab und die Sonne ist wieder weg, wird es mir selbst mit Strickjacke und Jacke beinahe zu kalt. Dazu kommen Regenschauer, die mich ins Regenzeug zwingen. Das ständige Umziehen nervt.
Am Abend habe ich Glück. An einem Stellplatz wird mir angeboten in der Banya, so einer Art russischer Sauna zu schlafen. Dort steht eine Couch. Außerdem heizen die Betreiber die Banya extra für mich mit Brennholz ein, und ich kann mich mit warmem Wasser waschen. Frisch gekleidet und gewaschen kann ich die Ausgabe für eine feste Unterkunft wieder ein bisschen rausschieben.
Praktisch, dass an der Wand ein kleines Geweih hängt. Da kann ich gut mein Moskitonetz aufhängen. Andernfalls wäre es unangenehm geworden.
Unterwegs:
Als ich in Perm ankomme fängt es an zu regnen. Kurze Unterbrechungen des Regens nutze ich, um mich etwas umzuschauen und nach einem Platz zum Zelten zu suchen. Spät abends radeln mir Wladimir und sein Sohn über den Weg. Wladimir hat auch schon weite Radtouren gemacht, sogar in Deutschland.
Wladimir lädt mich ein auf seiner Datscha zu übernachten, die knapp 10 km außerhalb ist.
Martin und Wladimir:
Wie in Irkutsk gibt es hier einen ausgeschilderten, „Grüne Linie“ genannten, Weg mit Informationstafeln vor historischen Gebäuden. Zusätzlich gibt es die „Rote Linie“ entlang welcher an bedeutende Persönlichkeiten erinnert wird. Die Wege sind auf dem Boden markiert. allerdings sind, anders als in Irkutsk, die Texte auf den Info-Tafeln nur auf Russisch.
Die Gebäude sind nicht so schön wie in Irkutsk. Ich nehme mir auch nicht viel Zeit mich damit zu beschäftigen und schaue lieber zu, dass ich zügig nach Kasan komme, wo ich dann etwas länger bleiben möchte. Nach meinem Eindruck wäre aber auch Perm bei einem längeren Aufenthalt nicht uninteressant.
Abends fahre ich aus Perm raus. Die Gegend ist flach, der Asphalt gut. Ich komme mit gutem Tempo voran. Auf dem Weg geht mir durch den Kopf, das die Fahrradkette vielleicht nicht, wie sonst, locker hängt, weil sich das Exzentertretlager wieder verdreht hat – was es ständig macht – sondern dass ja auch die Kette verschlissen sein könnte. Ich hatte in Bischkek zwei neue Ketten gekauft, zu deren Qualität mich nichts sagen kann. Laut Radgeschäft natürlich gute Ketten. Das nachmessen schockiert. Nach gut 1500 km ist die Kette schon total verschlissen. Ich fürchte, das hat auch mein Ritzel in Mitleidenschaft gezogen. Das Ritzel ist speziell für die Nabenschaltung ausgelegt und hier sicher nicht zu beschaffen.
Am nächsten Morgen wechsel ich auf die zweite neue Kette. Man spürt, dass die neue Kette und das eigentlich auch neue, aber nun angegriffene Ritzel nicht gut zusammenpassen. Aber immerhin springt die Kette nicht. Ich gehe mal davon aus, dass ich mit den Teilen, die ich dabei habe, bis nach Deutschland komme.
Mal ein schöner Platz für die Pause an einer Fernstraße:
Falls beim folgenden Foto der Eindruck entsteht, ich hätte es schon etwas weiter ober gezeigt…. Tatsächlich liegen 2 Tage und etliche Kilometer dazwischen. Auch wenn die Landschaft schön ist. Manchmal wird es auch etwas langweilig.
Bei solchen Anblicken, wie dem Feld voller lila Blumen ist es doch etwas schade, dass mir in Bischkek meine kleine Kamera gestohlen wurde. Die ältere, die ich jetzt für Schnappschüsse auf dem Weg benutze macht recht blasse Bilder:
Die Anstiege ziehen sich manchmal ganz schön hin. Ab und zu scheint es nur bergauf zu gehen. Dafür werde ich plötzlich mit einer sehr schönen Aussicht entschädigt. Der ganze Ural scheint unter mir zu liegen, egal in welche Richtung man blickt. Und tatsächlich gibt es auch sehr schöne Abfahrten. Am liebsten sind mir die, die nicht zu steil sind. Schließlich will ich die ganze Arbeit, die ich da reingesteckt habe, nicht auf 3 Kilometern wieder wegbremsen.