Susdal und Wladimir – Суздаль и Владимир

Vorab: Ich habe meine Reiseroute verkürzt und komme voraussichtlich im September in Köln an. Dann steht für mich zuerst die Wohnungssuche auf dem Programm. Meldet Euch, falls Ihr eine preiswerte Wohnung oder ein WG-Zimmer kennt, das frei wird.

Ich werde Arbeit im In- und Ausland suchen. Daher kann ich auch Einrichtungsgegenstände wie Herd, Kühlschrank, Tisch, Stuhl, Bett, Regale, … gut gebrauchen, die ich bei Bedarf zurückgeben oder mit gutem Gewissen auf den Sperrmüll stellen kann.

 

Und noch eine Vorbemerkung: Aus unbekanntem Grund hat sich im Textprogramm die Rechtschreibkontrolle verabschiedet. Ich bitte vermehrte Tipp- und Rechtschreibfehler zu entschuldigen.

 

Morgens, am Abreisetag in Nizhnij Nowgorod, habe ich es nicht eilig. Es regnet sowieso. Kurz nach der Abfahrt regnet es ebenfalls und dann noch zwei weitere Male im Laufe des Tages. Immerhin bleiben die angekündigten Windböen von bis zu 55 km/h aus. Außerdem komme ich außerhalb der Stadt auf bestem Asphalt zügig vorwärts. Einen Platz zum Zelten suche ich nachts wieder etwas länger. Die Nacht ist kalt genug, so dass ich auch in Handschuhen gefahren wäre, hätte ich sie im Juli griffbereit.

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Am folgenden Tag fahre ich von der Fernstraße ab und erreiche Kovrov, eine Stadt mit knapp 150.000 Einwohnern. Es gibt einen schönen, großen Park in der Stadt, in dem ich den Abend verbringe.

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Einen Platz zum Zelten habe ich auch schon beizeiten entdeckt. Ich hoffe, ich kann früh schlafen und komme morgen vielleicht schon mittags in Susdal an.

Doch abermals macht mir der Regen einen Strich durch die Rechnung. Um das Zelt nicht im strömenden Regen aufzubauen, verbringe ich viel Zeit im Wartehäuschen einer Bushaltestelle.

In einigen Bäumen im Stadtzentrum hängen Lampen, wie bei uns zu Weihnachten. Das Wetter ist ja auch eher weihnachtlich, also nass-kalt, und tatsächlich lässt auch die Bescherung nicht lange auf sich warten.

Nach einiger Zeit finden sich an der Bushaltestelle einige recht stark betrunkene Leute ein, die mich zum Glück nicht weiter beachten. Einmal wollen sie einen Bus nehmen, überlegen es sich an der Bustür aber anders, und setzen sich wieder in die Haltestelle. Der am stärksten Betrunkene versucht später Autos anzuhalten, um sich mitnehmen zu lassen. Leider hat er keinen Erfolg. Schade, es wäre mir lieber, die Leute würden weggehen, auch wenn sie mich noch nicht angesprochen haben. Ich selbst habe genauso wenig Lust in dem Regen den Platz zu wechseln. Der Mann versucht erneut ein Auto zu stoppen, diesmal, indem er direkt auf die Straße läuft und sich dem Verkehr in den Weg stellt. Der erste Wagen hält sofort – ein Polizeiwagen. Die drei folgenden Autos fahren ineinander. Nachdem einer der Polizisten den Betrunkenen auf den Bürgersteig gebracht hat, fahren sie weiter, ohne den Unfall zu beachten. Die drei anderen versuchen ihre Blechschäden zu regeln.

Nach und nach treffen Freunde der Unfallbeteiligten ein. Als der Regen nachlässt, stehen bereits so viele Leute auf der Straße und auf dem Bürgersteig, dass ich noch etwas warte. Vergeblich. Es setzt erneut starker Regen ein. Später kommt ein zweiter Polizeiwagen. Diese Polizisten sind nun wohl für den Unfall zuständig.

Während die Betrunkenen, einschließlich des Unfallverursachers, mit dem Bus wegfahren, zieht sich die Regelung des Unfalls locker 2 Stunden hin. Dann hört es auch auf zu regnen. Gegen drei Uhr morgens steht mein Zelt an dem Platz, den ich mir abends ausgeguckt hatte.

Natürlich schlafe ich zunächst etwas länger. Und dann noch länger, weil es wieder regnet. Immerhin kann ich das Zelt später einigermaßen trocken abbauen, aber mir nachmittags Susdal anzuschauen und dann eventuell schon weiter zu fahren, das klappt heute nicht mehr.

Foto: Überall in Russland wird daran erinnert, dass vor 70 Jahren der zweite Weltkrieg endete:

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Nachdem ich Kovrov hinter mir gelassen habe, kommt die Sonne durch. Und dann entdecke ich noch einen schönen See, in dem ich ein Bad nehme. Wie ich jetzt beim Schreiben sehe, war es der Baikal-See. Also, liebe Leser, wenn Ihr mal an den Baikal-See wollt … hier ist auch einer.

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Kurz darauf komme ich durch einen Ort, bei dem mir die Übersetzung des Namens immer noch Kopfzerbrechen bereitet:

посёлок имени Карла Маркса (Posjolok imeni Karla Marksa). Vielleicht übersetzt man es am besten einfach mit Karl-Marx-Dorf. Oder müsste es heißem: „Siedlung im Namen Karl Marx‘ “, oder eher: „Siedlung benannt nach Karl Marx“, oder ist имени in diesem Fall der Dativ, also „Siedlung dem Namen des Karl Marx (gewidmet)“. Dieses имени (imeni) kann jedenfalls der Genitiv, Dativ oder Präpositiv Singular des Wortes „Name“ sein.

Wie man sieht, muss ich noch mehr reisen, um offen gebliebene Fragen zu klären. Es ist aber nicht nötig auf derselben Strecke zu reisen. Siedlungen mit diesem – zumindest für deutsche Ohren komischen – Namen „Posjolok imeni Karla Marksa“ gibt es öfter.

Der Weg führt immer wieder durch kleine Ortschaften.

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Später ist der Weg nach Susdal anders ausgeschildert, als nach meiner Streckenplanung erwartet. Vorsichtshalber frage ich mehrmals nach dem Weg und gerate trotzdem auf eine Umgehungsstraße, die an zwei Orten vorbeiführt, durch die ich eigentlich durchfahren wollte.

Zur Entschädigung komme ich dafür an einer schönen Kirche aus dem Jahre 1691 vorbei.

Die „Kirche Aller Heiligen“ (Церковь Всех Святых) in Edemskoe :

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Bevor ich Susdal erreiche regnet es mal wieder ausgiebig. Da ich es vorziehe mich unterzustellen anstatt durch den Regen zu radeln, komme ich erst um 22 Uhr in Susdal an.

Susdal scheint (mindestens) eine Partnerstadt zu haben:

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Susdal, diese eigentlich recht bekannte Stadt, hat nur 10.000 Einwohner. Es ist zwar Freitagabend, aber außer mir scheint niemand mehr auf zu sein. Ich finde nur ein Restaurant mit Außengastronomie, das überhaupt noch geöffnet hat. Nach einem Bier fahre ich in einen Park im Stadtzentrum und baue das Zelt auf.

Morgens bestimmt wieder der Regen das Geschehen. Der erste Blick aus dem Zelt ist schon zum Verzweifeln. In aller Eile packe ich meine Sachen. Fehlalarm. Es fängt erst an zu regnen, als ich nach Wladimir weiter fahre. Aber zunächst ein paar Eindrücke aus Susdal:

Die Stadt wäre recht übersichtlich…

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…würden nicht Touristen überall die Sicht versperren:

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Auch Susdal hat einen Kreml. Auf dem Weg dorthin treffe ich diesen sympathischen Mann, der schon in Deutschland war und etwas deutsch spricht:

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Nach meinen Erfahrungen in Kasan und Nizhnij Novgorod und den vielen Verbotsschildern dort, habe ich keinen Zweifel, dass ich nun im Susdaler Kreml bin:

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Ganz witzig ist ja das Verbot unten rechts. Ich suche immer noch nach dem Tastaturkürzel für dieses Emoticon (Smiley):

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Wie die Stadt selbst, so ist auch der Kreml übersichtlich:

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Die kleine Holzkirche schien mir nicht so ganz hierher zu passen. Tatsächlich wurde sie erst 1960 von einem anderen Ort hier hingebracht:

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Mir fällt auf, dass viele Fotos, die ich von Susdal sehe, im Winter aufgenommen wurden. Beim Fotografieren kommt mir der Verdacht, dass dies an den vielen Bäumen liegt. Nicht, dass ich sie abholzen wollte, aber bei so manchem Gebäude ist es schwierig einen geeigneten Standort für ein Foto zu finden.

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Auf dem Weg nach Wladimir komme ich an einer Tankstelle vorbei. Und beim Anblick dieser Tankstelle fällt mir erst so richtig auf, wie historisch in Susdal alles gewirkt hat.  Mir persönlich wird es langsam etwas viel mit den Stadtbesichtigungen, aber wer sich für Geschichte und / oder Architektur interessiert wird sich in Susdal nicht langweilen.

Nebenbei bemerkt: Mir fiel zwischenzeitlich ein, dass ich 1993 auf einer Radtour in England noch mit anderen Fahrradschuhen unterwegs war. Meine Schuhe sind demnach nicht 30 Jahre alt, wie ich in Nizhnij Nowgorod vermutet hatte. Sie müssen irgendwo zwischen 12 und 22 Jahren alt sein. Genauer kann ich es nicht eingrenzen, obwohl ich ja beim Radeln viel Zeit hatte darüber nachzudenken. Also, wer schon immer wissen wollte, was Reiseradlern so beim Radfahren durch den Kopf geht – Es ist zum Beispiel die Frage: „Wann und wo habe ich diese Schuhe gekauft?“ Ich kann da aber nur für Männer sprechen. Womit sich Frauen beim Radfahren beschäftigen und wie sie über Schuhe denken, weiß ich nicht. (Ah, wenn sie mit dem Zug im Ausland unterwegs sind, werfen sie, so wie ich das verstanden habe, ihre alten Schuhe weg, kaufen sich neue, und entlasten damit die Abfallentsorgung in ihrer Heimat, also, z.B. in der Schweiz).

Am Stadtrand von Wladimir gehe ich in ein Fastfoodrestaurant, der Steckdosen wegen, um im Internet nach Hostels zu schauen. Zunächst lese und beantworte ich emails. Später im Stadtzentrum angekommen, bereue ich etwas, so viel Zeit im Internet verbracht zu habe. Anders als Susdal hat Wladimir nicht nur ca. 350.000 Einwohner, sondern auch ein super Nachtleben. Und heute Abend hat auch der Regen mal was anderes vor. Ich komme auch mit ein paar ganz netten Leuten ins Gespräch, bin aber noch mit der Hostelsuche beschäftigt, so dass ich sie wieder aus den Augen verliere.

OK, für heute Abend finde ich keine feste Unterkunft, aber für morgen. Also noch einmal zelten. Und wieder schlägt der Regen zu. Zweimal bestätige ich dem Hostel telefonisch, dass ich auf jeden Fall komme. Erst spät nachmittags hört der Regen auf. Die Zeit bis dahin habe ich im Zelt verbracht. Meinen Laptop habe ich ja mit einem guten Akku ausgestattet, da vertreiben mir unter anderen Helmut Schmidt und Sandra Maischberger die Zeit. Trocken einpacken kann ich das Zelt wieder nicht, aber wenigstens abbauen ohne im Regen zu stehen, und ich schaffe es auch, später mein Gepäck reinzubringen, ohne dass wir anschließend den Boden aufwischen müssen.

Der Hostelbetreiber in Wladimir ist nicht nur sehr nett, er heißt auch Wladimir, was meinem Namensgedächtnis entgegen kommt. Am Abend gehen wir zusammen in eine Stolovaya (ein preiswertes Selbstbedienungsrestaurant), in dem von 21-22 Uhr die Reste zum halben Preis verkauft werden. Eine preiswerte und doch sehr gute Mahlzeit.

Am Montag schaue ich mir die Stadt an.

Montags haben die meisten Gebäude, die man sich anschauen kann, sowie die Touristeninformation geschlossen. Ich möchte trotzdem morgen weiter, weil ich, dem Wetterbericht folgend, dann wohl etwas Regen vermeiden kann.

Hier ein paar Fotos aus Wladimir:

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Im Hintergrund das „Goldene Tor“ aus dem 12ten Jahrhundert:

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Das Goldene Tor von der Seite:

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Blick über die Umgebung der Stadt:

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Später entdecke ich im Internet, dass mir Wladimir, der Inhaber des Hostels einen längeren Eintrag auf der Seite des Hostels gewidmet hat :-) .

 

Unbenannt

 

Text, (weitestgehend automatisch übersetzt):

„Хостел Everest in Wladimir

Heute ist bei uns der Deutsche, in der Reise schon zwei Jahre (fährt ungefähr 80 km im Tag). Aus Deutschland ist bis zu China und zurück durch mittleres Asien gefahren. Charakteristische Merkmale, bei allen кругосветчиков (Weltreisenden) die eisernen Rahmen (nicht aluminium-), damit man in jedem beliebigen Ort schweißen kann. Aber dieser hat auch mit einer Nabenschaltung überrascht (alle Zahnräder innerhalb der Achse), es gab Probleme – obwohl sie ausgezeichnet arbeitet, hält doch nichts ewig, man musste nach Bischkek aus Deutschland (Ersatzteile) bestellen ((… Das Fahrrad wiegt 22 kg + die Ausrüstung 44 kg.“

 

Das Foto direkt vor meiner Abreise hat Wladimir aufgenommen. Nachdem er mir geholfen hat, mein ganzes Gepäck die Treppe herunterzubringen :-) . Ach ja, und nachdem ich mich umgezogen habe. Es ist wieder etwas wärmer geworden. Ich habe das Foto auch von der Seite des Hostels:

Foto von Wladimir in Wladimir Hostel Everest

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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