Moskau – Москва

Ich hatte erwogen in drei Tagen nach Moskau zu fahren. Da aber das Städtchen Pokrov nicht sehr interessant zu sein scheint, fahre ich insgesamt 136 km und komme bis Noginsk. Dann sind es wohl nur zwei Tage von Wladimir nach Moskau.

Foto: Schöne Kirche, irgendwo unterwegs:

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Vor Noginsk stehen erstaunlich viele Stände mit Plüschtieren am Straßenrand. Das auf dem Foto ist nur einer von sehr vielen. Ob sich damit wirklich Geld verdienen lässt, wenn alle dasselbe anbieten?

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In Noginsk komme ich nun ungefähr 15 Stunden früher an als geplant, also sehr spät abends statt nachmittags. Gerade als ich gegen 23 Uhr den Stadtrand erreiche fängt es an zu regnen. Ich stelle mich kurz unter, fahre dann aber ins Stadtzentrum, da es bei einem kurzen Schauer blieb. Nur werden durch den Regen die letzten Leute gerade die Fußgängerzone verlassen haben. Das ist schade. Die Fußgängerzone gleicht eher einem Park. Viel Platz, viele Bänke, direkt daneben ein schöner Park. An einem schönen Sommerabend wäre es hier wahrscheinlich sehr schön gewesen.

Park mit Springbrunnen an der Fußgängerzone in Noginsk:

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Ich trockne mir Bank ab, esse noch etwas, danach fahre ich an den Stadtrand Richtung Moskau und zelte.

Bis zum Roten Platz in Russlands Hauptstadt sind es nun nur noch 50 Kilometer.

Das Ortseingangsschild von Moskau ist hier vergleichsweise unspektakulär:

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Die Fahrt bis zum Roten Platz übrigens auch. Mit dem Fahrrad ins Stadtzentrum zu kommen, fand ich z.B. in Almaty viel schwieriger. Von Moskaus Straßenverkehr hatte ich so viel Schlimmes gehört, aber es ist auch an einem Mittwochnachmittag überhaupt kein Problem.

Mit dem Rad auf dem Roten Platz anzukommen, ist natürlich schon etwas Besonderes. Ich verschicke auch gleich mal ein paar sms. Aber ehrlich gesagt beeindruckt mich der Platz eher wenig. Vielleicht habe ich nun schon zu viele Plätze und alte Gebäude gesehen. Man mag irgendeine Ähnlichkeit bestreiten, doch mich erinnert der Platz irgendwie an den Hauptmarkt in Krakau.

Kurz vor dem Roten Platz:

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Auf dem Roten Platz:

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Nahe dem Roten Platz setze ich mich draußen an einen Tisch eines Cafés und suche mal im Internet nach Hostels. Ursprünglich wollte ich zunächst zelzen, aber bevor das Zelt wieder nass wird und es anschließend nass verpackt im Hostel liegt, schaue ich lieber direkt nach einer festen Unterkunft.

Gestern abend war es mir zu kalt, um das Bier zu trinken, dass ich für einen schönen Abend in Noginsk besorgt hatte. Hier kann ich nun das überteuerte Bier im Café noch mit meinem Dosenbier auffüllen :-)

Drei Kilometer nördlich vom Stadtzentrum finde ich ein Hostel. Platz für das Fahrrad gibt es auch. Die Inhaberin kommt aus Kamyschin, einer kleinen Stadt, in der ich 2012 ein paar Tage war.

Mit ihr und den Mitarbeiterinnen verstehe ich mich gut.

Am nächsten Tag schaue ich mir Moskau an.

Der Arbat, eine bekannte Straße in Moskau:

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Es wird irgendwann etwas nervig, weil ich trotz hunderter Souvenirshops nirgendwo einen Stadtplan bekommen kann. Außerdem finde ich auch fünf Kilometer vom Zentrum entfernt keinen Supermarkt und möchte nicht in den teuren Restaurants essen.

Ein Fastfoodrestaurant ist so überfüllt, dass ich mir die Sachen einpacken lasse, um draußen einen Platz zu suchen. Bänke gibt es hier nicht übertrieben viele. Sie werden erst frei, als es wieder regnet. Nun denn, wenn man wirklich Hunger hat, kann man einen Hamburger und Pommes auch kalt essen.

Es mag am ständigen Regen liegen, jedenfalls merke ich, dass ich zunehmend weniger Lust habe, mir weitere Städte und sogenannte Sehenswürdigkeiten anzuschauen.

Und mir ein Einzelzimmer zu nehmen und Russisch zu lernen, bis mal längere Zeit die Sonne durchkommt, gibt die Reisekasse kaum noch her. Jedenfalls ist es mir das nicht wert. Letzendlich entscheide ich mich St. Petersburg, das Baltikum und Weißrussland von der Reiseroute zu streichen.

Im GUM, dem Haupteinkaufszentrum direkt am Roten Platz, gibt es auch keine Stadtpläne. Soweit ich es überblicke, befinden sich in dem Gebäude nur Modegeschäfte und Cafés.

Im GUM:

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Einen neuen Regenschirm könnte ich noch gebrauchen. Ich schätze aber mal, wenn ich ihn in Moskau kaufe, bekomme ich nur welche, die mit Diamanten verziert sind, was für eine Radtour natürlich nur unnötiges Gewicht mit sich bringt.

Auf dem Rückweg zum Hostel entdecke ich noch ein kleines Lebensmittelgeschäft. Für Nudeln mit Ketchup und Spiegelei reicht das Angebot nicht. Die Eier sind ausverkauft. Die Eier, die dort ins Regal passen, hätte ich allerdings auch in zwei Stunden gelegt, wäre ich ein Huhn. OK, nachdem ich noch einen zweiten Miniladen finde und einen in der Nähe des Hostels ist zumindest eine Notversorgung sichergestellt.

Morgen schaue ich mir noch das Museum zum Krieg von 1812 an, danach fahre ich von Moskau aus direkt nach Kiew und über Polen nach Deutschland.

Dachte ich zumindest, scheitere jedoch an einem Relikt aus alten Sowjetzeiten. Durch die Sicherheitsschleuse im Eingangsbereich des Museums komme ich noch durch. Ich muss noch nicht mal mein Taschenmsser abgeben. Doch dann kommt die Kasse, an der ich die Eintrittskarte kaufen muss. Leider stehen nicht 25 Großfamilien vor mir an der Kasse, sondern niemand. Auch hinter mir will sich niemand einfinden, und für eine einzige Karte legt die Eintrittskartenverkaufsfrau nicht extra ihr Smartphone aus der Hand. Ich überbrücke einige Zeit indem ich schon mal meine Brille aus der Umhängetasche hole. Das Brillenetui ist ganz nach unten gerutscht. Also packe ich direkt vor der Frau ein paar Sachen aus und anschließend wieder ein. Dann versuche ich wieder ein Karte zu bekommen. Beim letzten Veruch erschrecke ich fast vor meinem eigenen Tonfall. Hätte ich sie gleich so angesprochen könnte ich verstehen, dass sie nicht reagiert. Es nützt alles nichts, die Frau scheint einen ziemlich sicheren Job zu haben.

Die Abreise aus Moskau verschiebt sich, wieder einmal regenbedingt auf den Spätnachmittag. Gerne nehme ich das Angebot einer Mitarbeiterin des Hostels an noch zum Essen zu bleiben. Sie kocht für mich mit.

Meinen Weg aus der Stadt habe ich ich so gelegt, dass ich noch an den Patriarchenteichen vorbei komme. Die Bezeichnung „Patriarchenteiche“ hat sich gehalten, auch wenn es heute dort nur noch einen Teich gibt.

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Kein Park ohne Verbote. Hier ist es verboten mit Unbekannten zu sprechen. (Запрещено разговаривать с незнакомцами):

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Ja, so steht es auf dem Schild: „Es ist verboten mit Unbekannten zu sprechen“.

Baden ist auch verboten. Wobei ich mich frage, wer freiwillig in diese Brühe springen würde.

Kurz darauf komme ich am Tschechow-Museum vorbei. Hm, viel von Literatur verstehe ich wirklich nicht. Zu Anton Tschechow fällt mir nur ein, dass Klaus Bednarz über ihn promoviert hat. Ja, die gute alte Zeit, als die Journalisten, die über Russland berichtet haben, noch Russisch konnten, und nicht darauf angewiesen waren, eigens für sie geschriebene Pressemitteilungen phantasievoll auszuschmücken.

Glücklicherweise habe ich zumindest schon etwas von Bulgakow und seinem bekanntesten Werk „Der Meister und Margarita“ gehört. Der Roman spielt teilweise an den Patriarchenteichen, so auch der Beginn der Handlung im Kapitel: „Sprechen sie nie mit Unbekannten“. Baden würde ich in dem Teich trotzdem nicht.

Zwei Postkästen, der rote für Briefe innerhalb der Stadt, der blaue für die anderen:

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Ich kürze meinen Bericht jetzt mal ein bisschen ab. Viele Situationen sind ohnehin ähnlich mit bereits Erlebtem. Und mir fehlt oft ein geeigneter Ort zum Schreiben. 2012 und 2013 hatte ich mir noch öfter ein Hotelzimmer gegönnt, aber jetzt gehe ich in die preiswerteren Hostels. Nur finde ich in Mehrbettzimmern und Gemeinschaftsküchen selten die Ruhe mich mit meinen Berichten zu beschäftigen. Ich schreibe im Moment grad wieder die letzten vier Wochen nach, was nun geht, weil ich bei Lera und Kostya in Kiew zu Besuch bin. Die Beiden kenne ich schon länger, und wer meine Berichte aufmerksam liest, erinnert sich sicher, dass ich mich auch 2012 mit ihnen getroffen habe :-) .

……………………….

Auf dem Weg bis zur russisch-ukrainischen Grenze liegen noch zwei Städte (Tula und Orjol) und mit Yasnaya Polyana ein weiterer sehenswerter Ort. Die deutsche Schreibweise ist nach Wikipedia „Jasnaja Poljana“. Ich schreibe mal wie’s grad kommt, alles andere verwirrt mich nur. Auf den Schildern steht Yasnaya Polyana. Das ist wohl englisch.

Es regnet weiterhin oft und reichlich. Die Wolkendecke schiebt sich oft mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit über das Land.

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Und es sieht meistens so aus, als würde das Wetter hier in Washington gemacht. An einem Tag fahre ich wegen dem Wetter erst um 14:45 Uhr los … und ich fahre mit Licht. Unter diesen gigantischen Wolkenmassen ist es so dunkel, dass ich das Licht einschalte und meine Warnweste überziehe, was ich sonst nur nachts mache. Und das an einem Julinachmittag.

Die Regengüsse fallen in ausreichend kurzen Abständen, so dass es auch schwierig ist mal einen trockenen Platz für eine Pause zu finden. Immerhin bereue ich es nun nicht, die Tour abgekürzt zu haben.

Die Stadt Tula gefällt mir. Ich radel nur durch, es regnet auch wieder mit nur kurzen Unterbrechungen.

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Tula hat auch einen gut erhaltenen Kreml. Da hat es sich gelohnt mir in Moskau den Eintritt zu sparen. Hier komme ich kostenlos rein und kann sogar mein Fahrrad mitnehmen:

Der tulaer Kreml von außen:

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Und auf dem Gelände:

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Diesmal nicht „Blick vom Balkon“ sondern „Blick von unter dem Balkon“ – Tula in Regen:

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Nicht weit von Tula befindet das Landgut Yasnaya Polyana des 1910 verstorbenen Schriftstellers Lev (Leo) Tolstoi. (Seine bekanntesten Romane sind „Krieg und Frieden“ und „Anna Karenina“). Rose, die ich in Kasan getroffen hatte und aus dem Russischunterricht kenne, und ich hatten in eben diesem Unterricht von diesem Ort erfahren. Rose hat dort vor zwei Jahrn einen Sprachkurs belegt und schwärmt sehr von der Gegend. Grund genug nicht daran vorbeizufahren. Es sind nur ungefähr vier Kilometer mehr für mich. „Umweg“ will ich es gar nicht nennen.

Fotos vom, zum Museum ausgebauten, Anwesen Leo Tolstois:

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Nebenbei: Wer kann mir erklären, warum die Wegweiser neben russisch, englisch, deutsch, französisch, spanisch (?) und nochmal spanisch (???) gerade auf koreanisch ausgeschildert sind?

Wie auch immer. Hier hat er gewohnt, der berühmte Autor:

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Nicht schlecht. Hätte ich ein solches Haus, würde ich auch lieber (Reisebücher) schreiben, als in der Gegend herumzuradeln ;-)

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Tolstoi ist hier auch begraben. Der Weg zum Grab ist ausgeschildert, das Grab selbst nach meinem Eindruck nicht. Irgendwann erreiche ich ein Gebiet, das touristisch eher weniger erschlossen scheint:

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Ich finde wirklich keine Hinweis, muss aber annehmen, das es sich an diesem Ort um seine letzte Ruhestätte handelt:

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In Yasnaya Polyana habe ich gelesen, dass Tolstoi auf eigenen Wusnsch an diesem Ort und ohne kirchliche Zeremonie begraben wurde. Bei Wikipedia lese ich nun: „Er wurde in Jasnaja Poljana in einem schlichten Grab beerdigt (die Kirche hatte ihn exkommuniziert).“

Interessant. Wikipedia glaube ich auch nicht mehr alles, noch weniger, seit ich Artikel zu den Themen „Krim“, „Ukraine“ gelesen habe. Je nach Sprache (deutsch, englisch, russisch) unterscheiden sich die Fakten auch im Lexikon nicht unerheblich. Aber wer nun im Falle Tolstois Beerdigung näher am wahren Geschehen liegt, vermag ich nicht zu sagen.

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Auf dem Weg nach Orjol zelte ich noch einmal. Morgens befinden sich zwischen Zelt und Unterlegplane ein Anzahl vom Ameisen, die einfach nur beeindruckend ist. Man könnte meinen, ich würde schon länger hier leben. Und alle tragen ein Ei. In Moskau war es so schwer ein Hühnerei zu bekommen, und hier könnte ich mir aus Ameiseneiern ein Omlett machen.

„Startpage“, meine bevorzugte Suchmaschine, sagt dazu: „Meinten Sie: Omelett“. Ja, meinte ich. Aber wie oben erwähnt: Meine Rechtschreibkorrektur versagt. Und mein Französischunterricht liegt schon etwas länger zurück. Immerhin war ich im Zweifel, sonst hätte ich nicht nachgeschaut.

In Orjol hatte ich einen schönen Abend. Endlich ist mal angenehmes Sommerwetter, und die Stadt ist bis spät in die Nacht belebt, obwohl ich an einem Donnerstag, also nicht am Wochenende, ankomme.

Von Orjol bis zur Grenze sind es zwei Tage. Kurz vor der Grenze zelte ich nochmal und habe angenehme Gesellschaft von zwei jungen Frauen aus der Umgebung. Sie hatten mir vorgeschlagen an ihren Tisch zu kommen, nachdem sie mitbekommen hatten, dass mir ein paar  Straßenbauarbeiter, die wohl jeden Abend zunehmend alkoholisiert dort verbringen, lästig wurden.

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